Hier möchte ich erklären, wie ich seit Jahrzehnten Vergleichstests zwischen Audiokomponenten, aber auch im Zusammenhang mit Behauptungen die mir bedenklich erschienen sind, durchgeführt habe. Bei diesen Tests bin ich in den seltensten Fällen selbst Proband gewesen und wenn doch, dann „nur so aus Spass“.
In Summe haben sich im Laufe der Jahre sicher einige hundert Leute an meinen Tests beteiligt. Männer/Frauen, junge/alte Menschen, HiFi-Enthusiasten/Unbedarfte, Leute von HiFi-Vertrieben, Hersteller/Konstrukteure von HiFi-Geräten die bei mir im Geschäft zu Besuch waren, Menschen die alle möglichen Musikrichtungen bevorzugen, Musiker, sogar blinde Menschen (weil es ja immer heisst, dass sie besonders gut hören können) usw.
Alle waren meist selbst daran interessiert, einmal ganz neutral und unbeeinflusst von Marke, Technologie und Preis zu versuchen, etwaige vorhandene Klangunterschiede heraus zu hören.
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Alles was ich jetzt in der Folge dazu schreibe, sind meine Ansichten, meine Erfahrungen und meine Empfehlungen. Ich will damit weder missionieren noch Irgendwen von Irgendwas überzeugen. Mir ist auch klar, dass alles das in bestimmten Kreisen ganz anders gesehen wird.
Zuerst einmal halte ich jeden „unverblindeten“ Klangvergleich für komplett sinnlos, weil dabei ganz stark jede Art von Suggestionen wirksam wird. Auch wird bei solchen Vergleichen nie darauf geachtet, dass wirklich haargenau gleich laut gehört wird. So etwas als „Test“ zu bezeichnen ist derartig lächerlich und unseriös, dass ich an dieser Stelle gar nicht weiter darauf eingehen möchte.
Wer das anders sieht, der braucht auch gar nicht weiter zu lesen, weil es dabei sowieso nie Konsens geben wird.
Im Detail:
Das Um und Auf bei einem klanglichen Vergleich sind zwei Punkte:
-> exakter Pegelausgleich,
-> absolutes frei machen von möglichen Suggestionen – also Verblindung.
Der erste Punkt ist mit einem einfachen Messgerät (bei Elektronikprodukten unbedingt nur elektrisch messen, akustisch ist viel zu ungenau!) und einem konstanten Sinussignal im mittleren Frequenzbereich schnell erledigt.
Bei Lautsprechern ist das nicht mehr so einfach, denn da kann man nur mit einem Rauschsignal akustisch messen (also ungenau) und versuchen, möglichst gut zu mitteln.
Der zweite Punkt ist nur dann gegeben, wenn die testende Person nicht weiß, welche Komponente sich hinter A und B verbirgt.
Ideal, und genau genommen unumgänglich ist eine unmittelbare Umschaltung zwischen A und B, weil der Mensch nicht in der Lage ist, sich kleine klangliche Unterschiede länger als 1-2 Sekunden zu merken. Alleine schon bei dieser Forderung wird die Sinnlosigkeit von unverblindeten Vergleichen deutlich.
Für Verstärkervergleiche genügt zur Umschaltung ein mehrpoliger Schalter (immer alle Pole umschalten!), denn da stehen nach dem Abgleich bereits gleich laute Signale zur Verfügung.
Bei Tonquellen, die man mit Hilfe zweier hochpegeliger Verstärkereingänge umschalten kann, ist ein Pegelausgleich nicht mehr ganz so einfach, da kommt man um einen Spannungsteiler (Doppel- noch besser Einzelpoti) bei einem der Geräte (natürlich beim lauteten) nicht umhin.
Da es dabei normaler Weise um geringe Pegelunterschiede geht, ist eine klangliche Beeinflussung auszuschließen.
Bei Kabeltests (die ich ohnehin für unnötig halte) ist die Sache einfach. Für Cinchkabel verwendet man am besten zwei umschaltbare Hochpegeleingänge eines Verstärkers. Für Lautsprecherkabel verwendet man (wenn vorhanden) dessen umschaltbare Lautsprecher-Ausgänge.
Pegelgleichheit ist hier sowieso gegeben.
Weitere ganz wichtige Tipps, um wirklich zu weitestgehend eindeutigen Ergebnissen zu kommen:
-> Abgesehen von den Geräten die man vergleichen will, sollten alle Komponenten der Testkette möglichst hochwertig sein, denn sonst werden eventuell vorhandene Unterschiede gar nicht aufgedeckt.
-> Nur in akustisch guten bis sehr guten Räumen testen, bei idealer Lautsprecheraufstellung, bei nicht allzu großem Hörabstand und selbstverständlich im Sweetspot sitzend.
Alternativ, eventuell auch begleitend dazu, könnte man statt Lautsprecher auch hochwertige Kopfhörer verwenden.
-> Nur sehr gute Aufnahmen sind für Vergleichstests sinnvoll. Alles sollte dabei sein, nicht nur Musik die man hauptsächlich und gerne hört. Umso größer die Klangvielfalt, desto größer die Chance, eventuell vorhandene Unterschiede zu erkennen.
-> Eher mit höherem Pegel hören als üblich, weil dadurch auch leisere Passagen deutlicher gehört werden.
-> Immer wieder Pausen machen, um nicht „betriebstaub“ zu werden. Tests womöglich an anderen Tagen/Tageszeiten wiederholen, wegen der unterschiedlichen Tagesverfassungen.
-> Nicht immer nur wild Hin- und Herschalten, sondern sowohl einzelne kritische Passagen vergleichen als auch längere Sequenzen. Zeit darf dabei keine Rolle spielen.
-> Als „Quercheck(er)“ und wenn möglich, auch andere Leute zum Test auffordern.
Anmerkung: diese Auflistung ist eventuell noch erweiterbar, einfach selbst überlegen, was noch Sinn machen könnte. Solange die beiden wichtigsten Punkte eingehalten werden (Pegelgleichheit und Verblindung), ist alles im grünen Bereich.
Noch ein paar Anmerkungen:
-> So ein Test erhebt keinen Anspruch auf Wissenschaftlichkeit, es wäre auch unsinnig, so etwas im Hobbybereich zu fordern.
-> Wenn unter besten Umständen keine klangliche Unterscheidung zwischen zwei Audiokomponenten möglich ist, dann sind entweder die Unterschiede so gering, dass sie in der Praxis keine Bedeutung haben, oder sie sind zwar eindeutig messbar, fallen aber unter die menschlichen Hörschwellen (die allerdings ebenfalls unterschiedlich sein können).
-> Wer die Möglichkeit hat, parallel zu den Hörtests elektronische Messungen durchzuführen, der sollte sie – eventuell auch zur endgültigen Bestätigung – unbedingt machen. Im Falle von (End-) Verstärkern ist vor allem auch der Frequenzverlauf bei angeschlossenen Lautsprechern im mittleren Leistungsbereich (Vorsicht, Dauertöne belasten die Boxen extrem!) ein ganz wichtiger Indikator dafür, wie sie sich bei komplexer Last verhalten.
-> Meiner Einschätzung nach bleibt bei dieser Testmethode und einem Ergebnis daraus ( wenn man alles richtig gemacht hat) kaum noch ein nennenswertes „Restrisiko“ übrig, ich würde es mit unter einem Prozentpunkt beziffern. Selbstverständlich hängt diese Größenordnung auch von den Rahmenbedingungen ab, ich bin von sehr guten ausgegangen.