Im Zusammenhang mit meiner beruflichen Laufbahn und im Laufe von mehreren Jahrzehnten habe ich in diversen einschlägigen Kreisen immer wieder verblindete Vergleichstests durchgeführt. In den intensivsten Jahren war das etwa jede Woche einmal der Fall. Wir waren damals eine Gruppe von HiFi-Enthusiasten und jeder von uns besaß eine außergewöhnlich gute Wiedergabeanlage samt akustisch optimiertem Hörraum.
Wie ich diese Vergleiche durchgeführt habe, das habe ich bereits genau beschrieben.
In Summe waren es (geschätzt) mindestens 250 solcher Tests, bei denen jeweils mehrere Personen mitgemacht haben. Teilweise helfend und teilweise als Testpersonen. Letztere haben versucht, in verblindeten Zustand (was nichts anderes bedeutet, als dass man nicht weiß, welche Komponente sich hinter A bzw. B verbirgt) Unterschiede zwischen zwei pegelausgeglichenen Audiokomponenten heraus zu hören. Oder bei Zubehör mit/ohne.
Es wurde jede Art von Komponenten geprüft, außer Lautsprecher. Vor allem aber wurden Behauptungen hinterfragt. Im Zentrum standen nicht nur Tonquellen und Verstärker (fast jeder Technologie, je nach „Epoche“), sondern auch alles an Zubehör wie jede Art von Kabeln, „Stromreiniger“, Dämpfungselemente und nicht selten auch Umstrittenes aus dem sogenannten „HiFi-Voodoo Bereich“.
Vor sehr langer Zeit auch in getrennter Form Tonabnehmer, Laufwerke und Tonarme von analogen Plattenspielern, sowie auch externe Entzerrervorverstärker. Später dann gab es Tests zwischen diversen digitalen Speicherformaten und D/A-Wandlern.
Eindeutiges Fazit:
Bei Geräten, deren Messdaten sich im „grünen Bereich“ bewegen – und das schließt mindestens 95% aller „Elektronik-Produkte“ der bekannten und bewährten Markenhersteller mit ein – ist es nicht möglich, irgendwelche klangliche Unterschiede zu „erhören“.
Bei Leistungsverstärkern ist noch die Erwähnung wichtig: „solange sie nicht im Leistungs-Grenzbereich arbeiten“ (dieser Grenzbereich wird allerdings im Heimbetrieb fast nie erreicht).
Bei Kabel kann man mit gutem Gewissen von 100% sprechen, denn hier gibt es nie etwas das sich so krass misst, das es gar ins Hörbereich hineinragt. Bei sonstigem Zubehör ist es nicht besser, die Ausnahme bilden nur einige Artikel im Zusammenhang mit der analogen Schallplattenwiedergabe und eventuell noch Dämpfungselemente. Die Auswirkungen von Spikes sind Null, das sind aus meiner Sicht reine Designelemente.
Zwischen unkomprimierten und komprimierten Dateiformaten wird es selbst bei relativ hohen Kompressionsraten (MP3 bis zu 128kBit herab!) schwierig bis unmöglich, Unterschiede zu erkennen. Wirklich eindeutige Trefferquoten gab es da nur ganz selten und wenn überhaupt, dann nur unter ganz besondern Umständen und mit mühevoll ausgesuchten Stellen in einer bestimmten Aufnahme. Traurig! Aber es ist so.
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Der Beweis, dass diese Art zu testen auch „funktionieren kann“ wurde immer wieder erbracht, denn es gab sehr wohl hohe bis eindeutige Trefferquoten, aber eben immer nur dann, wenn es ebenso eindeutige und vor allem auch „Relevante“ messtechnische Unterschiede gab.
Den Fall „kein messbarer Unterschied, aber trotzdem hörbar“ gab es nie. Dass es so etwas geben soll, wird ja ab und zu behauptet oder zumindest angenommen. Logik gibt es keine dazu.
Wer annimmt, dass zur „Erhörung“ kleine Unterschiede ausreichen, oder gar welche, die sich außerhalb des menschlichen Hörspektrums befinden, den muss ich ebenfalls enttäuschen.
Erst wirklich „gravierende“ Fehler bzw. Unterschiede, die es wie gesagt im Normalfall fast nirgends gibt (außer bei Lautsprechern), sind hörbar und selbst diese auch nur bei direkter Umschaltung. Gibt es bei Vergleichen größere Zeitabstände (dazu reichen schon wenige Sekunden), wird die Erkennbarkeitsrate deutlich herabgesetzt, bis hin in Richtung Null, sogar bei recht großen Unterschieden.
Noch ein ganz wichtiger Punkt den man nie vergessen sollte und der gerne ganz bewusst in Form von „Schreckgespenstern“ dazu führen soll, dass falsche Schlüsse daraus gezogen werden:
Mit Testtönen (auch Rauschsignalen) kann man wesentlich kleinere Unterschiede erkennen als bei Verwendung von Musik!
In jedem Fall ist es ganz wichtig, dass direkt – also unterbrechungsfrei – umschaltet wird!
Mit Musik ist die Erkennbarkeit also sehr stark herabgesetzt! Das liegt hauptsächlich an zwei Dingen: einerseits daran, dass Musik nichts Konstantes ist und andererseits – bzw. im Zusammenhang damit -, dass es keinesfalls egal ist, wann umgeschaltet wird und welche Art von Musik verwendet wird. Denn wenn im Moment der versuchten Entscheidungsfindung gerade nichts vorkommt was eventuell hörbar wäre, ist es praktisch nicht da. Aber sehr bedeutend kann es dann trotzdem nicht sein.
Es kann also passieren, dass sich eine Testperson auf falsche Dinge konzentriert und dabei andere, vielleicht wichtigere Dinge überhört.
Umso wichtiger ist es, möglichst viele „Proben“ zu nehmen, um dem entgegen zu wirken.
Wenn also – ist ja üblich – behauptet wird, „wie toll doch das menschliche Gehör ist“ und was es nicht alles erkennen kann, dann müsste dazu auch gesagt werden, ob im Zusammenhang mit Testtönen oder mit Musik, denn da würde ich (grob) von einem Verhältnis 1:10 ausgehen, je nach Art der Musik. Das heisst, Fehler bei der Musikwiedergabe müssen etwa zehn Mal so groß sein damit man sie erkennen kann, als wenn man dazu konstante Testsignale verwendet.
Aber!
In der Praxis hören wir über eine Audioanlage Musik und keine Testtöne. Deshalb ist die Erwähnung, was mit Testtönen erkannt werden kann, recht überflüssig.
Zwei Dinge sind es, die beim Testhören dominieren (allgemein, gilt jetzt auch für Lautsprecher):
→ Schalldruckverlauf (der Idealfall wäre „Linearität“ im gesamten Hörbereich)
→ Klirr (der Idealfall wären Werte unter 1% im sensiblen menschlichen Hörbereich)
Alles Andere, das vor allem in Werbetexten gerne groß herausgestrichen wird (bei Lautsprechern Phasenfehler, Zeitfehler, schlechte Sprungantworten usw.), dafür gibt es bislang keine eindeutigen Beweise.