Lautsprecher allgemein

Am Ende der HiFi Kette befinden sich die schwierigsten und auch wichtigsten Komponenten

KURZ UND BÜNDIG

→ Es macht Sinn, bei kompletter Neuanschaffung einer Audiowiedergabeanlage (bestehend aus Quellgerät, Verstärker und Stereolautsprecher) mindestens die Hälfte des zur Verfügung stehenden Budgets  in die Lautsprecher zu investieren, denn sie sind praktisch immer die schwächsten Glieder dieser „Kette“.

→ Bei den Lautsprechern sind Klangunterschiede zwischen den einzelnen Produkten viel deutlicher hörbar als bei den Elektronikkomponenten, die heute – wenn gut und richtig gemacht – praktisch alle gleich (gut) klingen.

→ In den meisten Fällen ist das Gehäuse teurer als die eingebaute Technik (Aussage gilt nicht für Aktivlautsprecher aus dem Profibereich).

→ Keine andere HiFi-Komponente beinhaltet so viele Kompromisse wie Lautsprecher. Das gilt ebenso für sehr teuere Lautsprecher.

→ Standlautsprecher haben physikalisch bessere Voraussetzungen für „vollen Klang“ als Kompaktlautsprecher.

→ Großer Klang aus winzigen Lautsprechern, das „funktioniert“ nur in der Werbung.

→ Technische Daten sagen nur wenig darüber aus, ob Lautsprecher letztlich auch klanglich gefallen.

→ Aktivlautsprecher sind Passivlautsprechern technisch überlegen. Sie müssen deshalb aber nicht besser gefallen. Besser gute passive Lautsprecher als schlechte aktive.

Vorwort

Eine weitgehend verlustfreie Wandlung von elektrischen Audiosignalen in mechanische Membranbewegungen (und somit in hörbaren Schall) ist viel schwieriger realisierbar als es im ersten Moment erscheint. Auf keinem anderen Gebiet der Audio-Technik werden die Konstrukteure so erbarmungslos mit der Physik und mit den Naturgesetzen konfrontiert wie bei der Konstruktion und Herstellung von Lautsprechern. Im Vergleich dazu ist die Konstruktion eines HiFi-Stereoverstärkers ein „Kinderspiel“, weil sich dabei die Energieform vom Eingang bis zum Ausgang nie ändert.

Die Lautsprecher sind immer die schwierigsten Komponenten

Das beginnt schon bei der Konstruktion, denn alles dabei muss sehr gut überlegt werden.  Auch die Endverbraucher müssen beim Kauf viel überlegen, denn es müssen Entscheidungen nicht nur wegen des subjektiven Klangeindruckes, sondern auch bezüglich Größe, Optik, Aufstellungsmöglichkeit und nicht zuletzt wegen des Preises getroffen werden. Ob diese Entscheidungen richtig waren, das stellt sich meist erst nach der Aufstellung im Hörraum heraus, vor allem können dann raumakustische Probleme zutage treten, mit denen man vorher nicht gerechnet hat.

Leistungsfähige Lautsprecher sind dazu noch meist groß und schwer (mühsamer Transport) und die Verkabelung kann schwierig sein (durch Möbelrückwände, unter Teppiche, um Türstöcke herum usw.).

Kompakt- oder Standlautsprecher?

Wenn möglich, sind Standlautsprecher vorzuziehen! Schon rein physikalisch betrachtet haben sie Vorteile gegenüber (üblich „kleinen“) Kompaktlautsprechern. Das größere Gehäusevolumen, meist im Zusammenhang mit mehr Membranfläche, ergibt mehr Klangvolumen und Linearität im Grund- und Tieftonbereich. Auch bei kleinen Abhörlautstärken bleibt das volle Klangbild erhalten, Kompaktlautsprecher verlieren dabei recht schnell an Substanz. Standlautsprecher schöpfen einfach mehr „aus dem Vollen“ und das ist nicht zu überhören. Abgesehen vom schlankeren Tieftonbereich, können Kompaktlautsprecher aber hervorragend gut klingen. Idealer Weise werden diese auf LS-Ständern positioniert, sie beanspruchen dann aber auch den gleichen Platz wie Standlautsprecher. Trotzdem kann das Sinn machen, vor allem in kleinen Räumen und bei kurzen Hörabständen. Auch kommt es immer wieder vor, dass Standlautsprecher keinen Platz finden, oder dass sie einfach aus optischen Gründen nicht erwünscht sind. Ein durchaus akzeptabler Kompromiss kann dann die Positionierung von Kompaktlautsprechern auf- oder in Möbel sein (kann man nur von Fall zu Fall entscheiden).

In Prospekten werden Kompaktlautsprecher immer wieder mit unteren Frequenzgrenzen im Bereich von 30-35Hz „angegeben“. Selten steht allerdings dabei, mit welchem reduzierten Schalldruck und bei welcher geringen Belastung das nur möglich ist! Die meisten Hersteller von Kompaktlautsprechern greifen dabei zu einem Trick, der es ermöglicht, ein „sattes“ Bassfundament vorzugaukeln. Dabei wird mit Verzicht auf optimale Linearität einfach der gesamte Tieftonbereich angehoben. Leider ist es dann unvermeidlich, dass im Bereich der relativ hohen Bassfrequenzen (etwa zwischen 75-150Hz) eine Überhöhung entsteht, die recht lästig werden kann. Wenn ein Konstrukteur dabei zu sehr übertreibt, kommt es dabei schnell zu Dröhneffekten.

Kompaktlautsprecher arbeiten heute fast ausschließlich nach dem 2-Wege Prinzip. Dabei wird vom selben Lautsprecherchassis das Tief- und Mitteltonbereich abgestrahlt. Bei höheren Pegeln und damit verbundenen größeren Membranhüben kann es dadurch zu Verzerrungen im kritischen Mitteltonbereich kommen.

Großer Klang aus winzigen Boxen, das wäre schön, funktioniert aber nicht.

Dem oft gehegten Wunsch nach Lautsprechern, die so klein sind dass sie das Wohnambiente nicht stören, sind schon mehrere Hersteller nachgekommen. Zwei (bzw. fünf bis sieben für das „Heimkino“) Miniboxen, mit etwa je einem halben Liter Volumen und dazu ein Subwoofer, der die Größe einer Schuhschachtel hat, sollen in der Lage sein, großvolumige Lautsprecher zu ersetzen. Mit aufwändiger Werbung, gesteuerten Testberichten und Hilfe der Großmärkte hat diese „Masche“ erwartungsgemäß viel Erfolg. Tatsache ist aber, dass sich Naturgesetze und die Physik nicht aushebeln lassen. Jeder Kompromiss hat Auswirkungen und gerade bei der Konstruktion von Lautsprechern wird das mit aller Härte deutlich. Ausreichend große Membranflächen und das dazu notwendige Luftvolumen (bei passiven Lautsprechern) sind grundlegende Faktoren, um naturähnlichen Klang zu erzeugen. Minilautsprecher können kein Instrument und schon gar kein ganzes Orchester in seiner vollen Größe wiedergeben, auch wenn dazu im Verbund ein (ebenfalls zu klein geratener) Subwoofer dröhnt. Schon bei leicht gehobenem Qualitätsanspruch kann so ein System nicht mehr befriedigen.

Mit völlig unterschiedlichen Methoden wird das gleiche Ziel angestrebt

Jeder ernst zu nehmende Lautsprecherkonstrukteur hat im Grunde genommen die gleiche Zielvorstellung, nämlich einen Lautsprecher herzustellen, der die vom Verstärker ankommenden Audiosignale möglichst verlustfrei in akustische Schallenergie umwandelt. Abgesehen von vielen Faktoren, die schon vor der Konstruktion geklärt werden müssen, wird dieses Ziel oft mit sehr unterschiedlichen Methoden, Systemen und Materialien angestrebt. In der gleichen Preisklasse (egal ob billig oder teuer) findet man von einfachen 2-wegigen Lautsprechern mit flachen 6dB Filtern bis zu komplizierten 4- oder gar 5-wegigen Lautsprechern mit wesentlich steileren Filtern jede nur erdenkliche Variante, aber auch Mischformen davon. Als Membranmaterialien werden diverse Kunststoffe, Kohlefaser, Kevlar, Holzfaser, Pappe, Aluminium etc. verwendet. Bei den Hochtönern kommt noch getränkte Seide, Titan und bei teuren Lautsprechern Beryllium oder gar Diamant hinzu. Für die Gehäuse werden MDF, Multiplex, Aluminium, diverse Verbundmaterialien, Edelbeton, Schiefer und Stein – manches Mal auch Kombinationen davon – verbaut. Wie weiter unten genauer beschrieben, gibt es verschiedene Systeme bei den Lautsprecherchassis und deren Anordnung im Gehäuse. Auch werden unterschiedliche Methoden zur Linearisierung des Tieftonbereiches angewandt. Es gibt alle möglichen Formen, Größen- und Gewichtsklassen. Manche können hohe unverzerrte Pegel wiedergeben, andere sind nur für moderate Lautstärken ausgelegt. Die meisten Lautsprecher aus dem HiFi-Bereich sind „passive Direktstrahler“, die aus dem Profibereich arbeiten intern  fast ausschließlich aktiv (Erklärung dazu in einem eigenen Artikel in dieser HP).
Dazu noch gibt es Flächenlautsprecher, Hornsysteme und Rundstrahler. Weitgehend verschwunden  sind große Kompaktboxen und solche mit breiter Front.

Wieso es so schwierig ist, einen möglichst „perfekten“ Lautsprecher zu konstruieren

Die Arbeitsweise eines Lautsprechers scheint grundsätzlich recht einfach zu sein. An billigen Lautsprechern ist tatsächlich nicht viel dran, Musik kommt auch „aus ganz primitiven Kisten“ und vielen Leuten reicht das. Richtig schwierig wird es erst, wenn ein Konstrukteur einen möglichst optimal arbeitenden Lautsprecher herstellen will. Er hat dann sehr viele Entscheidungen zu treffen, die – wie gesagt – immer in Kompromissen enden. Die Vorgabe dabei lautet, dass das sehr komplexe, vom Verstärker kommende elektrische Wechselspannungssignal ohne qualitative Verluste in adäquate mechanische Membranbewegungen umgesetzt werden soll. Das Medium Luft überträgt sie dann als Luftdruckschwankungen zu unseren Ohren. Dabei entstehen viele physikalische Probleme, die nur schwer zu lösen sind. Zusätzlich muss ein Konstrukteur (meist ein Konstrukteurteam) aber noch weitere wichtige Punkte berücksichtigen und koordinieren.

Dazu gehören beispielsweise:

→ vernünftige Gehäusemaße bei vorgegebenem Mindestvolumen (gilt vor allem für passive Lautsprecher), um eine bestimmte untere Grenzfrequenz und Belastbarkeit zu erzielen.
→ hohe Stabilität des Gehäuses bei noch vernünftigem Gewicht, damit die Transportkosten nicht zu hoch werden und die Manipulation damit nicht unnötig erschwert wird.
→ ein ansprechendes Styling mit mehreren Oberflächen zur Wahl, damit die Lautsprecher das Wohnambiente nicht zu sehr stören.
→ die Einhaltung eines vorgegebenen Preisrahmens, um am Markt bestehen zu können.
→ die kostengünstige Herstellung in Serie, für bestmögliche Preis/Leistungsrelation.

Nicht ohne Grund fertigen einige Lautsprecherhersteller alles im eigenen Haus. Sie sind dadurch unabhängig und können notwendige Veränderungen schnell umsetzen.

Wieso Kompromisse?

Dazu ein einfaches Beispiel: Ein Lautsprecher mit nur einem Breitbandchassis hätte insofern sehr gute Voraussetzungen für perfekte Tonwiedergabe, weil die Schallabstrahlung aller Frequenzen an einem Punkt erfolgt und es keine Schnittstellen gibt. Durch den Entfall einer Frequenzweiche könnte die Qualität des angeschlossenen Verstärkers voll übertragen werden (wie bei aktiven Systemen). Dieses eine Lautsprecherchassis hätte aber einen stark eingeschränkten Frequenzbereich und es würde den Schall über das gesamte Frequenzbereich betrachtet sehr unterschiedlich abgeben. Im Tieftonbereich würde es fast kugelförmig abstrahlen und mit höher werdender Frequenz würde es immer stärker bündeln. Die notwendigen großen Membranauslenkungen für tiefe Töne würden schon bei relativ geringen Lautstärken hörbaren Klirr erzeugen. Durch die Aufteilung des gesamten Frequenzbereiches auf zwei unterschiedliche Lautsprecherchassis (2-Wege System) lösen sich schon einige Probleme, aber es kommen neue hinzu. Die dann notwendige Frequenzweiche erzeugt Phasendrehungen und die elektronischen Bauteile bewirken qualitative Verluste. Gleichzeitig entsteht ein Bereich, in dem die Lautsprecherchassis überlappend arbeiten. Auch sind beide Frequenzbereiche noch immer recht groß, die Lautsprecherchassis müssen Frequenzen verarbeiten, für die sie nicht gut geeignet sind. Ab einer bestimmten Lautstärke wird wieder Klirr hörbar. Bei einem 3-Wege System ist dieses Problem schon recht gut gelöst, allerdings gibt es dann bereits zwei Übergangsbereiche mit allen Unzulänglichkeiten. Die Frequenzweiche wird noch komplizierter und bei üblicher Chassisanordnung gibt es bereits drei akustische  Zentren.

Noch ein Beispiel: Bei der Auslegung der Frequenzweiche stellen sich für den Konstrukteur immer wieder Fragen bezüglich der Charakteristik und Steilheit der Filter. Steile Filter haben den Vorteil von kleinen Überlappungsbereichen, dafür ist der Bauteileaufwand recht hoch und die Phasendrehungen groß. Frequenzweichen mit flacher Filterauslegung sind einfach zu konstruieren und sie haben geringe Phasendrehungen, dafür werden die Lautsprecherchassis mehr mit ungeeigneten Frequenzen belastet und die Überlappungsbereiche sind groß. Für optimale Funktion wird nicht selten im System mit unterschiedlichen Filtercharakteristiken bzw. Filtersteilheiten gearbeitet. Diese einfachen Beispiele sind nur Teilprobleme, sie lassen aber schon erahnen, in welchem Dilemma sich ein Konstrukteur befindet, dessen Ziel es ist, einen möglichst verfärbungsfrei klingenden Lautsprecher zu bauen. Noch schwieriger wird es, wenn so ein Lautsprecher auch in der Lage sein soll höhere Pegel unverzerrt wiederzugeben und wenn er noch dazu guten Wirkungsgrad haben soll. Die Änderung von nur einer Forderung, Komponente oder Dimension in so einem komplexen Gesamtgebilde bewirkt meist weitreichende Veränderungen in allen Richtungen. So verwundert es auch gar nicht, dass jeder Lautsprecher anders klingt.

Wo sind die Unterschiede zwischen billigen und teuren Lautsprechern?

Oft wirken billige Lautsprecher aufwändiger als teure. Durch viele bzw. große Lautsprecherchassis (die nicht viel kosten) lässt sich der Nichtfachmann davon leicht beeindrucken. Dementsprechend groß sind dann auch die Gehäuse, aber schon das relativ geringe Gewicht lässt erahnen, dass sie nur aus billigen und dünnen Holzplatten gefertigt sind. Auch klanglich wird versucht, gegenüber der Konkurrenz „mehr“ in allen Bereichen zu bieten. Mit mehr Bassanteil, mehr scharfen Höhen und mehr Wirkungsgrad (auf Kosten der Neutralität) soll dem Laien vorgegaukelt werden, dass er viel für sein Geld bekommt. Dazu gibt es tolle technische Daten, die einerseits nichts aussagen und andererseits für den Endverbraucher kaum überprüfbar sind. Für den Einsatz im Partykeller ist gegen solche Lautsprecher nichts einzuwenden, zum anspruchsvoll Musik Hören ist so etwas dagegen eher ungeeignet.

Hochwertige Lautsprecher sehen dagegen oft unscheinbar aus und sie beeindrucken auch klanglich im ersten Moment nicht. Selbst die technischen Daten sind meist nicht auffallend besser als die von wesentlich billigeren Lautsprechern. So kann leicht der Eindruck entstehen dass sie zu teuer sind. Tatsächlich klingen sie aber deshalb unspektakulär, weil sie so weit wie möglich neutral abgestimmt sind. Die (sowieso nebensächlichen) technischen Daten sind zumindest ehrlich, weil sie im schalltoten Raum oder im Freifeld gemessen wurden. Gerade bei hochwertigen Lautsprechern ist „weniger oft mehr“, wenn die Qualität der Einzelkomponenten hoch ist und der Konstrukteur weiß worauf es wirklich ankommt.

Die Konstruktion eines hoch gezüchteten Lautsprechers ist sehr aufwändig und kostet viel Zeit. Solche Lautsprecher haben meist komplizierte, schwere und stabile Gehäuse die aus teuren Materialien gefertigt sind. Die Lautsprecherchassis sind keine billige Massenware, sie kommen aus „Edelschmieden“ und kosten auch dementsprechend viel. Die Frequenzweichen beinhalten edle Bauteile mit geringen Verlusten und Toleranzen. Das Endergebnis ist ein klanglich neutraler und verzerrungsarmer Lautsprecher, der für jede Musikrichtung geeignet ist. Durch die geringen Bauteiletoleranzen gibt es keine großen Serienstreuungen. Auch bei höheren Lautstärken dröhnt und verzerrt nichts, der Klang bleibt bis zu recht hohen Pegeln sauber.

Warum moderne Lautsprecher besser sind

Im Vergleich zu älteren Lautsprechern ist die Wiedergabequalität guter aktueller Modelle präziser und klangneutraler, weil die Konstrukteure heute den riesigen Vorteil von spezieller PC-Software nutzen. Simulationsprogramme können schon im Planungsstadium grundsätzliche Eigenschaften eines Lautsprechers berechnen. Bei jeder Änderung von Parametern werden dem Konstrukteur die daraus resultierenden Effekte aufgezeigt. Dadurch entfällt auch die Herstellung unzähliger Testexemplare. Zweifelsfrei sind die Lautsprecher in den letzten Jahren auch schöner und wohnraumfreundlicher geworden. Die moderne schlanke Bauform ergab sich zum Teil auch aus der Technik, denn heute werden für den Heimbedarf wesentlich kleinere Tieftonchassis verwendet als früher. Wenn bei der Konstruktion eines Lautsprechers höherer Schalldruck oder mehr Wirkungsgrad gefordert wird, werden einfach mehrere gleiche Lautsprecherchassis parallel geschaltet, mit dem Vorteil, dass sie kurzen und schnellen Impulsen besser folgen können. Völlig kompromisslos ist aber auch das nicht, weil dadurch wieder mehrere Schallzentren entstehen (wieder ein typisches Beispiel: entweder/oder).

Die in älteren Lautsprechern eingebauten großen Tieftonchassis waren selten gut, der Grund dafür war der relativ schwache „Antrieb“ (kleiner Magnet, kleine Schwingspule) im Zusammenhang mit viel Membranfläche. Zusätzlich waren die großen Membranen meist recht weich und somit in sich instabil. Allerdings gab es auch schon vor 30 und sogar 40 Jahren sehr gute große Tieftonchassis, denn worauf es dabei ankommt, das weiß man schon lange.

Manche Hersteller sind dazu übergegangen, die Tieftonchassis ihrer Lautsprecher an den Seitenwänden des Gehäuses anzuordnen. So kann selbst bei großem Volumen und großen Lautsprecherdurchmessern eine schlanke Front beibehalten werden. Einen klanglichen Nachteil gibt es dadurch nicht, allerdings nur dann, wenn die Übergangsfrequenz dementsprechend tief gewählt wurde, denn wie auch bei Subwoofern kann eine tieffrequente Schallquelle im Raum (fast) nicht geortet werden. Bei der Aufstellung solcher Lautsprecher ist es auch nicht notwendig, auf die seitlich angeordneten Tieftonchassis besondere Rücksicht zu nehmen. Sogar sehr kleiner Abstand zu einem Möbel daneben ist egal.

Ein 2-wegiger Lautsprecher beinhaltet einen Tief/Mitteltöner und einen Hochtöner. Ein 3-wegiger Lautsprecher beinhaltet einen Tieftöner, einen Mitteltöner und einen Hochtöner. Noch mehr Wege sind in HiFi-Bereich eher selten. Zwecks Erhöhung der Membranfläche werden oft mehrere Tieftöner eingebaut, aber nur sehr selten wird mehr als ein Mittel- oder Hochtöner in Hifi-Lautsprechern verwendet.

Fast alle Lautsprecher arbeiten im Tieftonbereich nach dem Bassreflex-Prinzip. Die Bassreflexöffnung arbeitet dabei ähnlich einem Ventil, das frequenzabhängig öffnet bzw. schließt. Bei richtiger Berechnung und Auslegung wird dadurch die untere Frequenzgrenze eines Lautsprechers ohne hörbarer Nachteile erweitert. Selbstverständlich ist auch das ein Kompromiss mit bestimmten Nachteilen, aber in diesem Fall überwiegen ausnahmsweise einmal die Vorteile recht deutlich.

Das Abstrahlverhalten

Das Abstrahlverhalten von Lautsprechern, die in reflektierender Umgebung (also in  einem üblichen Wohn-/Hörraum) betrieben werden, ist etwas recht Klangentscheidendes. Nur beim Betrieb im Freien ohne naheliegenden Begrenzungsflächen wären die Abstrahleigenschaften weitgehend egal.

Der Idealfall (bezogen auf den richtig gewählten Hörplatz mittig vor den beiden Lautsprechern!) wäre eine eher schmale Schallabstrahlung aller Frequenzen im menschlichen Hörbereich.
Das ist allerdings ein Forderung, die  kaum erfüllbar ist. Die Schallabstrahlung tiefer Frequenzen erfolgt ohne Gegenmaßnahmen immer zumindest halbkugelförmig oder (bei schmaler und/oder relativ kleinflächiger Schallwand) fast komplett kugelförmig. Mit zunehmender Frequenz wird die Schallabstrahlung dann gerichteter, bis hin zur sehr gerichteter Schallabstrahlung im Hochtonbereich.

Die Folgen davon werden umso fataler, desto mehr reflektierende Flächen es in einem Hörraum gibt.
Weitere Details dazu im Artikel „Wissenswertes zur Raumakustik in dieser HP“.

Zumindest dem Wunsch nach punktförmiger Schallabstrahlung kommen am besten sogenannte „Koax-Chassis“ entgegen. Dabei werden meist ein Mittel- und ein Hochtonlautsprecher miteinander verschachtelt. Es gibt auch drei und sogar vierwegige Konstruktionen, aber wie immer nicht ohne unvermeidlicher Nachteile.  Die Herstellung von Koaxen ist etwas komplizierter als die von Einzelchassis, aber nicht so sehr, dass sie als mögliche Variante ausscheiden. Es gibt sogar Lautsprecherhersteller, die dieses Konzept seit über 40 Jahren verfolgen und die sich damit ihr Image aufgebaut haben.
Eine „Abart“ davon ist die  d’Appolito Lautsprecheranordnung. Dabei wird knapp ober- und unterhalb eines Hochtöners je ein Tief/Mitteltöner angeordnet. Das ergibt einen Zweiwege-Lautsprecher. Dreiwegig wird die Sache, wenn an den äußeren Enden jeweils noch ein „echter“ Tieftöner dazukommt. Die senkrechte Anordnung der Chassis ergibt ein symmetrisches Bild mit einem Hochtöner im Zentrum. Eine gute Idee, die es schon lange gibt und die immer wieder umgesetzt wird. Aber auch hier ergeben sich Nachteile durch die vielen Schallzentren, vor allem dann, wenn man sich als Hörer nicht auf Achse des Hochtöners befindet (Phasenauslöschungen).

Ein paar interessante Fakten

→ Der tatsächliche Wirkungsgrad von passiven Lautsprechern mit dynamischen Konus-/Kalottenchassis beträgt etwa 2 bis 3 Prozent. Hocheffiziente Hornlautsprecher können bis zu 5 Prozent erreichen.
→ Die Verdopplung der subjektiv empfundenen Lautstärke entspricht einem Schalldruckanstieg von ca. 10dB. Dazu muss dem Lautsprecher auch etwa die 10fache elektrische Leistung zugeführt werden.
→ Wenn die Membranfläche eines Lautsprecherchassis vergrößert wird, bewirkt das trotz gleicher zugeführter elektrischer Energie eine Erhöhung der Lautstärke. Zur Verdopplung der Lautstärke ist etwa die dreifache Membranfläche notwendig.
→ Doppelte Lautstärke erfordert bei gleicher Membranfläche etwa dreifachen Membranhub.
→ Bei Verdopplung der Hörentfernung vom Lautsprecher verringert sich der Schalldruck um ca. 6dB. Das gilt aber nur für Messungen im schalltoten Raum oder im Freien. In Räumen mit Reflexionen (normaler Wohnraum) ist dieser Effekt geringer, da sind es meist nur noch ca. 3dB („Roomgain“).
→ Im Gegensatz zu modernen HiFi Elektronikkomponenten (diese weisen einen Amplitudenfrequenzgang auf, als wäre er mit einem Lineal gezogen worden), erzeugen selbst hochqualitative Lautsprecher im Hörbereich einen recht stark schwankenden Schalldruckverlauf. Gemessen im schalltoten Raum und unter Laborbedingungen bewegen sich gute Lautsprecher dabei in einem 4dB Korridor (+/- 2dB). Im Wohnbereich und am Hörplatz verschlechtert sich dieser Verlauf dramatisch! Abweichungen des Schalldruckes von bis zu +/- 15dB sind keine Seltenheit. Somit spielt jede HiFi Anlage (zumindest im Bezug auf den Schalldruckverlauf im Hörraum) weit unter ihrem Wert, bestenfalls aber so gut wie die Raumakustik es zulässt. (Details dazu ebenfalls unter „Wissenswertes zur Raumakustik“ in dieser HP).

Woraus wieder einmal klar wird: der Vergleich von Prospektangaben und technischen Daten ist sicher interessant, diese Werte haben aber mit der Praxis nicht allzu viel zu tun! Es ist ein Fehler, auf diese Art eine Kaufentscheidung zu treffen.