Lautsprecher passiv und aktiv

Geschätzte 95% aller HiFi-Lautsprecher sind sogenannte „passive“.

Die bewährte Standardkonstruktion:

Fast alle HiFi-Lautsprecher arbeiten „passiv“ und nach dem Bassreflexprinzip.
Passiv heißt, dass sie die von außen zugeführte elektrische Signalspannung ohne weitere Verstärkung in Membranbewegung umwandeln. Zum Betrieb ist somit ein externer Leistungsverstärker notwendig. Dessen verstärkte Tonsignale gelangen über Anschlussbuchsen vorerst zur eingebauten Frequenzweiche. Dort wird das gesamte Frequenzbereich mittels Hoch- und Tiefpassfiltern in abgegrenzte Bereiche aufgeteilt. Diese werden dann an einzelne, für das jeweilige Frequenzbereich vorgesehene Lautsprecherchassis (auch „Treiber“ genannt) geleitet. In den meisten Fällen wird das gesamte Tonsignal dabei in zwei oder drei Bereiche geteilt. Nachteilig bei diesem Prinzip sind die elektrischen Bauteile die sich zwischen dem Verstärker und den Lautsprecherchassis befinden.

In Wirklichkeit sind passive Lautsprecher eine absurde Sache!

Gäbe es die Vorgabe „ein Verstärker für alles“ nicht, käme kein Techniker dieser Welt im Zusammenhang mit Lautsprechern auf die Idee, Hoch- und Tiefpassfilter im niederohmigen Hochstrombereich herzustellen, weil es dadurch sehr viele Nachteile gibt. Einer der wenigen Vorteile ist aber, dass man so etwas recht billig verwirklichen kann.

Vor allem im Tieftonbereich gibt es durch die Zwischenschaltung von elektronischen Bauteilen Qualitätsverluste. Für einen Verstärker der an so einer Box arbeitet, ist die komplexe elektronische Last, bestehend aus hohen Induktivitäten und Kapazitäten, eine nicht ganz einfache Aufgabe. Allerdings merkt der Endverbraucher davon nichts, so lange er keine höheren Pegelanforderungen stellt.
Die Konstruktion solcher Lautsprecher ist im Grunde genommen recht einfach, nur wenige Bauteile genügen zur Funktion. Strebt man aber nach hoher Qualität, wird die Sache kompliziert und aufwändig. Denn die Bereiche beeinflussen sich elektrisch gegenseitig, die stark schwankenden Impedanzen müssen (sollten) korrigiert werden, Phasenfehler im Übergangsbereich der einzelnen Wege können nicht – bzw. nur durch mechanischen Tiefenversatz der Chassis erfolgen – bzw. wenn nicht anders möglich, dann einfach nur „grob“ durch Umpolung. (Anmerkung: Biwiring ändert dabei gar nichts und Biamping nur geringfügig, was die gegenseitige elektrische Beeinflussung betrifft).

Bassreflex bedeutet, dass das Innenvolumen einer Box, das meist fast zur Gänze dem/den Tieftöner(n) zur Verfügung steht, mittels genauer Berechnung und dementsprechenden Öffnungen (die als frequenzabhängige Ventile wirksam werden) so abgestimmt wird, dass es dadurch zu einer Tieftonerweiterung kommt. Dabei wird auch der rückwärts abgegebene Schall verwertet.
Wie immer gibt es auch hier Vor- und Nachteile, aber grundsätzlich kann man sagen, dass die Vorteile deutlich überwiegen.

Fest steht, dass es möglich ist, sehr gute passive Lautsprecher herzustellen, trotz aller Kompromisse die dabei eingegangen werden müssen. Will man dieses Konzept qualitativ hoch treiben, ist sehr viel an Wissen und Erfahrung notwendig. Aus einer grundsätzlich sehr einfachen Sache (fast alle Hifi-Boxen der unteren Preisklasse sind so „einfach gestrickt“) wird dann plötzlich etwas, das recht aufwändig und teuer ist.
Inwieweit es sinnvoll ist, ein von Haus aus „ziemlich krankes System“ in derartige Regionen hoch zu treiben, das ist fraglich.

Und deshalb:

Sehr viele Unzulänglichkeiten um die man bei einem passiven Konzept nicht umhin kommt, lösen sich bei einem aktiven weitgehend in Luft auf. Allerdings muss man auch hier deutlich unterscheiden ob „nur“ analog aktiv, oder aktiv mit digitaler Frequenzweiche (Digital Signal Prozessor).

Aber zuerst einmal:

Wie funktioniert der aktive Betrieb eines Lautsprechers?

Bereits im Niederspannungsbereich, also noch vor der Leistungsverstärkung, wird mittels einer aktiven Frequenzweiche das gesamte musikalische Spektrum in mehrere Frequenzbänder (meist Tief- Mittel- und Hochtonbereich) aufgeteilt. Jedes dieser Bereiche wird dann von jeweils einem nur dafür vorgesehenen (End-) Verstärker verstärkt und an das dafür vorgesehene Lautsprecherchassis geleitet. Jedes Lautsprecherchassis wird also von einem eigenen und direkt daran angeschlossenen Verstärker mit Leistung versorgt. Dadurch wird die gesamte Qualität des Verstärkers verlustfrei an das jeweilige Chassis übertragen, mit hoher Membranbedämpfung. Ein weiterer Vorteil ist, dass die Arbeitsweise einer aktiven Frequenzweiche im hochohmigen Niederspannungsbereich wesentlich exakter funktioniert als die einer passiven und niederohmigen vor den Lautsprecherchassis. Dazu kommt, dass die Bereiche sich gegenseitig nicht negativ beeinflussen.
Bis zu mittelgroßen Systemen wird die gesamte Elektronik, bestehend aus aktiver Frequenzweiche, mehreren Endstufen und Spannungsversorgung als kompakter Block in die Lautsprecher eingebaut. Das ist praktisch und platzsparend, jedoch ist die Elektronik dabei eventuellen Vibrationen ausgesetzt. Bei großen Systemen wird konsequenter Weise die gesamte Elektronik außerhalb der Lautsprecher aufgebaut. Das ist technisch besser, benötigt aber viel Platz und Kabel. Aktive Lautsprecher haben (bei eingebauter Elektronik) einen Signaleingang (Cinch- oder XLR-Buchse) und einen Netzanschluss. Bei manchen gibt es eine Ein-/Ausschaltautomatik, die einerseits recht praktisch ist, aber andererseits auch recht „lästig“ werden kann.

Wie schon erwähnt, gibt es zwei Arten von aktiven Frequenzweichen: analoge und digitale. Die analogen gibt es schon sehr lange. Dabei wird das bereits in analoger Form vorliegende Audiosignal mittels analoger Filterschaltungen in mehrere Bereiche aufgeteilt. Prinzipiell also gar nicht anders als in den üblichen Frequenzweichen passiver Lautsprecher, allerdings ohne Spulen, weil aktive Filter diese nicht benötigen.
Die größten Probleme passiver Lautsprecher werden dabei gelöst. Es gibt getrennte Bereiche die sich gegenseitig nicht beeinflussen, es gibt pro Bereich einen eigenen Verstärker und es gibt keine Bauteile zwischen den Verstärkern und den Lautsprecherchassis.

Das ist schon eine ganze Menge, aber „alles“ ist es keinesfalls.

Weitestgehend kompromisslos ist der aktive Betrieb mit DSPs:

Bei dieser Technik wird das aktive Konzept noch einmal entscheidend verbessert. Denn analoge Frequenzweichen (egal ob passiv oder aktiv) arbeiten mit 6, 12, 18 oder 24dB Flankensteilheit pro Oktave. Mit digitalen Frequenzweichen können Flankensteilheiten von mindestens 48dB realisiert werden. Was aber viel entscheidender ist, sind die schnell und einfach durchzuführenden Veränderungen in allen Bereichen mit ein paar Mausklicks. Und alles das ohne Bauteiletausch und ohne Löterei. Schalldruckverlauf, Phasenkorrekturen und Zeitverzögerungen für einzelne Lautsprecherchassis sind ohne Nachteile möglich. Unterschiedlich tief liegende Schallzentren, die sich durch unterschiedliche Bautiefe der Chassis und planer Montage in der Schallwand ergeben, stellen ebenfalls kein Problem dar. Dieses Konzept kennt fast keine Grenzen, sogar raumspezifische Unzulänglichkeiten können damit teilweise ausgeglichen werden. Ebenso Laufzeitunterschiede, die durch unsymmetrische Lautsprecheraufstellung entstehen.
Mit einem Signalgenerator (alternativ CD mit Testsignalen), einem Messmikrofon und einem Pegelmesser kann man die Problemstellen gut erkennen und weitgehend ausgleichen. Wesentlich besser ist der Einsatz von spezieller PC-Software, die alles beinhaltet wie Tongenerator, Messsystem und Bildschirmdiagramm.

Bei richtiger Anwendung erreicht man mit einem DSP-gemanagten Lautsprecher dessen bestmögliche Gesamtabstimmung. Hat man als Endverbraucher darauf Zugriff und kennt man sich dabei aus, kann man darüber hinaus noch die ganz wichtige Lautsprecheranpassung an den  jeweiligen Hörraum vornehmen. Aber das ist noch immer nicht alles, denn damit kann man sich auch noch – wenn gewünscht – (s)einen speziellen Sound einstellen. Jede Einstellung ist als Datei speicherbar, jederzeit wieder abrufbar und veränderbar.
Auch eine Anlagen-Übersiedlung in einen anderen Raum ist kein Problem, immer kann man mit dem DSP das mögliche klangliche Maximum erzielen.
Eventueller Nachteil: Leute die sich damit auskennen und die Perfektionisten sind, kommen damit nie zu einem Ende. Immer glauben sie, dass „noch mehr“ geht, denn beim Einmessen von Lautsprechern ergeben sich wie auch sonst viele Kompromisse und man ist sich nie ganz sicher, ob die jeweilige Einstellung tatsächlich die bestmögliche ist. Zum etwaigen Trost: ab einem gewissen Punkt ändert sich dann klanglich nichts mehr, denn so „fein“ hört kein Mensch, als dass er noch winzige Veränderungen auch tatsächlich hört. Jede kleine Änderung der Hörposition oder des Kopfes verändert meist mehr.

Übliche DSPs arbeiten mit IIR-Filtern, die abhängig von der Filtersteilheit Phasendrehungen erzeugen. Es gibt aber auch welche, die sogenannte „FIR-Filter“ beinhalten und die phasenstarr bleiben. Zusätzlich bieten sie meist auch noch wesentlich steilflankigere Filter an. DSPs mit FIR-Filtern sind aber sehr teuer und der klangliche Zugewinn ist umstritten. Einen kleinen Nachteil gibt es noch, nämlich eine kleine Zeitverzögerung zwischen dem Ein- und dem Ausgangssignal. Beim puren Musikhören merkt man davon nichts, in Verbindung mit einem Videobild kann sich das aber negativ bemerkbar machen.

Zum Schluss noch etwas zu den Verstärkern in Aktivboxen:

Längst schon sind in diesem Bereich die analogen Verstärker mit ihren schweren Netztrafos unnötig geworden. Viele Jahre schon dominiert hier die Schalttechnik mit all‘ ihren Vorteilen. Das heisst, selbst für hohe Verstärkerleistung ist nur wenig Platzbedarf notwendig, alles ist leicht und kaum etwas wird übermäßig warm.
Details dazu unter „Verstärker allgemein“.