KURZ UND BÜNDIG
→ Es ist ein großer Fehler, Verstärker nach ihren technischen Daten oder gar nach ihrer Ausgangsleistung zu beurteilen.
→ Röhrenverstärker sind faszinierend, aber nicht ganz problemlos. In jedem Fall aber spielen sie „falsch“ und sie verbrauchen viel Strom.
→ Die Trennung in Vorverstärker und Endstufe ist sinnloser denn je, sie bringt genau genommen gar nichts.
→ „Class-A“ Endstufen bringen einige Nachteile mit sich, aber keinen hörbaren Vorteil.
→ Die „Brückenschaltung von zwei Endstufen ist nur dann anzuraten, wenn mehr Ausgangsleistung erforderlich ist.
→ Die Zukunft gehört den Schaltverstärkern (Class-D).
Die Funktion eines Vollverstärkers
Das zentrale Gerät einer Stereo-Anlage ist bei Verwendung von passiven Lautsprechern im Normalfall ein so genannter Stereo-Vollverstärker. An ihm werden eingangsseitig die Tonquellen- und ausgangsseitig die Lautsprecher angeschlossen. Seine Aufgabe ist es, die ihm zugeführten Audiosignale möglichst ohne Klangverfälschung zu verstärken und impedanzangepasst an die Lautsprecher abzugeben. Manche Hersteller bauen sehr puristische Vollverstärker, die nur mit einem Ein- und Ausschaltknopf, einem Eingangswähler und einem Lautstärkesteller ausgerüstet sind. Andere wieder rüsten ihre Verstärker mit umfangreicheren Ausstattungsdetails aus, ihre Geräte haben dann teilweise Klangsteller, Loudnessfunktion, Balancesteller, Überspielmöglichkeiten, schaltbare Lautsprechergruppen, Kopfhöreranschluss, Display, VU-Meter usw. Für kürzeren Signalweg gibt es dann oft noch eine weitere Taste (Direkt oder Flat), die das Meiste davon wieder außer Funktion setzt. Eine Fernbedienung ist heute Standard.
Der größte Fehler – die Überbewertung der Ausgangsleistung
Sowohl die Ausgangsleistung von Verstärkern, als auch die Belastbarkeit von Lautsprechern werden meist viel zu wichtig genommen. Leider wird beides als Qualitätskriterium angesehen und als Kauf- oder Verkaufsargument herangezogen. Bei höheren Werten glaubt der Laie, „mehr“ für sein Geld zu bekommen. Die althergebrachte Meinung „nur ein starker Verstärker klingt auch leise gut“ ist völliger Unsinn. Heute mehr denn je, weil in vielen Fällen die grundsätzliche Schaltung immer die gleiche ist und die Leistung hauptsächlich von der Leistungsfähigkeit des eingebauten Netzteils bestimmt wird.
Für eine Verdoppelung der empfundenen Lautstärke ist eine Verzehnfachung (!) der Ausgangsleistung notwendig. Schon alleine diese Tatsache lässt erkennen, dass ein Verstärker mit beispielsweise 100 Watt Leistung kaum lauter spielen kann, als einer mit „nur“ 50 Watt.
Eher wichtig – vor allem bei Verwendung niederohmiger Lautsprecher und bei höheren Lautstärken als üblich – ist die Laststabilität eines Verstärkers.
Erreicht wird diese Stromstabilität durch ein üppig dimensioniertes Netzteil und – wenn notwendig – mehreren parallel geschalteten Ausgangstransistoren. Einen stromstabilen Verstärker erkennt man daran, dass sich seine Ausgangsleistung jeweils mit Halbierung der Lastimpedanz verdoppelt (gilt nicht für Verstärker mit Ausgangstransformatoren). Sehr kompromisslos konstruierte Verstärker schaffen das bis zu 2 Ohm hinab. Stromstabile Verstärker üblicher Bauart sind meist sehr schwer und bei hoher Qualität auch dementsprechend teuer.
Im Netzteil üblicher Verstärker befinden sich Elektrolytkondensatoren mit relativ hoher Kapazität, die in erster Linie dazu da sind, um die Netzfrequenz nach erfolgter Gleichrichtung auszusieben. Die Kapazität dieser Kondensatoren wird allerdings meist höher gewählt als tatsächlich notwendig und zwar deshalb, um sie gleichzeitig „als Stromspeicher in Notsituationen“ zu verwenden. Genau genommen ist es aber so, dass dadurch einem eher unterdimensionieren Netztrafo Unterstützung geboten wird. Verstärker die so ein „weiches“ Netzteil beinhalten, haben eine deutlich höhere Impuls- als Dauertonleistung. In Extremsituationen könnte ihnen dann „die Puste ausgehen“. Fraglich ist allerdings, ob es überhaupt jemals so weit kommt, denn in den meisten Fällen ist der Verstärker ohnehin wesentlich leistungsfähiger als notwendig. Bei stromstabilen Verstärkern mit „hartem“ Netzteil sind Impuls- und Dauertonleistung etwa gleich hoch.
Die durchschnittliche Impedanz und der Wirkungsgrad eines Lautsprechers sind bei hohen Pegelanforderungen entscheidende Faktoren bei der Wahl des dazu passenden Verstärkers. Je niedriger diese beiden Werte sind, desto vorteilhafter ist es, dazu einen stromstabilen Verstärker zu verwenden.
Bei Zimmerlautstärke gibt ein Verstärker im Schnitt kaum mehr als 1-2 Watt Leistung an die Lautsprecher ab. Somit ist eine Ausgangsleistung von 50 Watt für 98% aller Benutzer mehr als ausreichend. Nur wer extrem laut Musik hören will, noch dazu mit wirkungsgradschwachen Lautsprechern, benötigt tatsächlich mehr.
Vorverstärker und Endstufe in getrennten Gehäusen
In höheren Preisklassen werden Vor- und Endverstärker oft in getrennten Gehäusen untergebracht. In der Vergangenheit gab es dafür auch eine technische Begründung, denn da wurde noch jeder Verstärker mit einem Phono-Eingang ausgerüstet. Der für die analoge Schallplattenwiedergabe notwendige Phono-Vorverstärker arbeitet im Mikrovoltbereich und somit mit hohem Verstärkungsfaktor. Im Bereich von Wechselstrommagnetfeldern ist es schwierig, diesen brummfrei zu platzieren. Stromstabile Endstufen benötigen aber leistungsfähige Netztransformatoren, die ein relativ großes Wechselstrommagnetfeld erzeugen. Bei älteren Transformatoren mit Eisenkern war dieses Störfeld noch wesentlich größer als bei den heute üblichen Ringkerntransformatoren. Es war also sinnvoll, die kritischen Verstärkerstufen auszulagern und dadurch zwei getrennte Komponenten zu schaffen. Im Vorverstärker befanden sich dann nur noch der Phono-Vorverstärker, die Quellenumschaltung und der Lautstärkesteller. Eventuell noch (je nach Philosophie) Klangsteller und diverse weitere Schalter. Für all‘ das ist nur ein relativ kleiner Netztransformator notwendig. In der Endstufe wird dann nur noch die für den Betrieb von Lautsprechern notwendige Leistung erzeugt.
Ein Phono-Vorverstärker, egal ob intern oder extern, wird dem Hauptverstärker vorgeschaltet. Er erhöht in hohem Maße (bei MM-Systemen ca. um 35dB und bei MC-Systemen ca. um 60dB/1kHz) die vom Tonabnehmer abgegebene Signalspannung. Gleichzeitig muss er gemäß einer vorgegebenen Norm (RIAA) die zur Schallplattenherstellung notwendige lineare Verzerrung des Musiksignals durch spiegelverkehrte Verstärkung ausgleichen (entzerren). Durch Anhebung der tiefen Frequenzen in einem bestimmten Verhältnis gegenüber den hohen entsteht im Endeffekt wieder ein linearer Frequenzverlauf.
Heute wird nur noch etwa ein Drittel aller Vor- und Vollverstärker mit einem Phonovorverstärker ausgerüstet. Bei Bedarf wird von einigen Herstellern eine passende Steckplatine als Aufrüstung für das jeweilige Gerät angeboten. Alternativ dazu gibt es am Markt viele eigenständige Phono-Vorverstärker als Zusatzgeräte, mit eigener Stromversorgung.
Die Funktion eines hochpegeligen Vorverstärkers wird stark überschätzt!
Tatsächlich wird ein hochpegeliger Vorverstärker in der Praxis fast immer nur als „Pegelabschwächer“ verwendet. So betrachtet ist das eine sehr teure Art die Lautstärke einzustellen – einmal abgesehen von der Eingangsumschaltung, an der aber auch „nichts dran ist“. Nicht ohne Grund gibt es sogenannte „passive Vorverstärker“, die sogar ohne Stromversorgung auskommen, da sie keine verstärkende Elektronik beinhalten. In diesen oft nur handtellergroßen Geräten gibt es ein paar Buchsen, einen mechanischen Eingangswahlschalter und ein Stereopotentiometer. Im Zusammenhang mit einer Stereoendstufe wird so eine Kombination dann zum Vollverstärker. Es gibt aber auch Nachteile, nämlich keine Fernbedienung, denn dazu wäre zumindest eine einfache Stromversorgung notwendig, Tonquellen mit schwachem Ausgangspegel können eventuell nicht laut genug wiedergegeben werden (kommt allerdings nur sehr selten vor) und auch technisch betrachtet ist die Sache nicht perfekt, weil sich je nach Position des Lautstärkestellers die Ausgangsimpedanz ändert, allerdings ist das bei Verwendung nicht sehr langen Kabel ohne merkbarer Auwirkungen, selbst messtechnisch ändert sich dabei so gut wie nichts. Aber diese Möglichkeit zeigt auf, dass der grundsätzliche Aufwand in einem hochpegeligen Vorverstärker recht gering ist. Nur bei Geräten mit vielen Zusatzfunktionen (Klangsteller etc.) ist höherer Schaltungs- und Materialeinsatz notwendig, aber selbst dann ist deren Gehäuse meist zu zwei Drittel leer. Wenn nicht, wird die Sache nur unnötig aufgebläht.
Für Leute denen eine puristische Audiokette reicht, ist ein „passiver Vorverstärker“ eine durchaus interessante Alternative, die gleichzeitig viel Geld spart.
Ein moderner guter Vollverstärker, mit oder ohne Phonoteil beinhaltet keine Kompromisse!
Heute gibt es keinen sinnvollen Grund mehr für die Trennung der Verstärkerelektronik in zwei Gehäuse. Genau genommen, war das ohnehin nie wirklich notwendig. Die minimalen Verbesserungen im Störspannungsabstand sind bestenfalls messbar und im Vergleich zu den Störgeräuschen die bei der Wiedergabe von analogen Schallplatten entstehen, absolut vernachlässigbar. In der Zwischenzeit gibt es Netztransformatoren die wesentlich weniger Störfelder erzeugen als ältere Konstruktionen. Dadurch gibt es selbst in messtechnischer Hinsicht keinen Grund mehr, den Phono-Vorverstärker auszulagern. Es spricht also weder aus technischer noch aus klanglicher Sicht etwas dagegen, sehr leistungsfähige Vollverstärker herzustellen, noch dazu wenn diese ohnehin nur hochpegelige Tonquellen verstärken müssen.
So mancher moderne Vollverstärker besteht in Wirklichkeit nur aus einer Stereoendstufe, der ein Eingangswähler und ein Lautstärkesteller vorgeschaltet wurde (entsprechend der vorhin beschriebenen Kombination mit einem passiven Vorverstärker). Das genügt auch, denn die Ausgangsspannung von hochpegeligen Tonquellen (CD-Player, Tuner etc.) ist normalerweise ausreichend hoch (1,5 – 2,5 Volt), um damit Endstufen voll auszusteuern. Um ausreichende Reserven zu schaffen, werden die Endstufen mit etwas höherer Spannungsverstärkung ausgelegt als üblich.
Die Verstärkertechnik im Allgemeinen
Ein (analoger) HiFi Verstärker ist in seiner Grundkonzeption sehr einfach, weil sich die Energieform zwischen Ein- und Ausgang nie ändert. Zur Funktion genügen wenige Bauteile, mit dazu passender Stromversorgung. Im Verstärkerbau gibt es jahrzehntelange Erfahrungen, somit kann kaum noch etwas verbessert werden. Und selbst wenn, dann bleibt es unhörbar.
Als verstärkende Elemente wurden früher Elektronenröhren eingesetzt, heute sind es fast ausschließlich Transistoren. Manche Hersteller kombinieren beide Technologien zu so genannten Hybridverstärkern, um eventuelle Vorteile beider Verstärkerelemente zu nutzen (ist eher eine gute Werbemöglichkeit).
Transistorverstärker (der Standard)
In fast jedem HiFi Verstärker werden Transistoren zur Spannungs- und Stromverstärkung eingesetzt. Diese Halbleiter sind relativ billig herzustellen und unterliegen keinem Verschleiß. Sie haben wesentlich besseren Wirkungsgrad als Röhren und werden nur warm, wenn sie Leistung abgeben. Transistoren sind von Haus aus niederohmig, sie benötigen beim Anschluss von Lautsprechern keinen Transformator zur Impedanzanpassung. Daraus resultiert ein hoher Dämpfungsfaktor (Verhältnis zwischen dem Innenwiderstand des Verstärkers und der angeschlossenen Lastimpedanz) und das bewirkt (zumindest theoretisch) gute Lautsprecherkontrolle. Der Dämpfungsfaktor einer Endstufe wird aber beim Anschluss eines passiven Lautsprechers nur zu einem Bruchteil wirksam, bedingt durch den Innenwiderstand der Frequenzweiche. Nur bei aktiven Lautsprechern wird die Qualität der (meist eingebauten) Endstufen voll an die Lautsprecherchassis übertragen (Details unter den jeweiligen Sachthemen in dieser HP).
Transistorverstärker haben absolute Alltagstauglichkeit. Im Normalfall gibt es mit diesen Geräten nie Probleme. Sie arbeiten intern auch nur mit relativ geringen Betriebsspannungen. Selbst sehr gute Geräte erfordern keinen hohen Konstruktionsaufwand, dadurch können sie recht preisgünstig hergestellt werden.
Schon Verstärker der unteren Preisklasse erreichen Messdaten, die einerseits kein Lautsprecher dieser Welt präzise umsetzen kann und die andererseits weit besser sind als das menschliche Gehör es erfordert.
Tatsächlich ist es auch so, dass bei richtig gemachten Vergleichstests (also mit Pegelabgleich und verblindet!) kein hörbarer Klangunterschied zwischen guten billigen und sehr teuren „Supergeräten“ zu erkennen ist. Jede Testperson ist bisher daran gescheitert, das Gegenteil beweisen zu wollen. Das gilt natürlich nur, solange kleine und billige Verstärker dabei nicht an ihre Leistungsgrenzen stoßen.
Röhrenverstärker
Obwohl Elektronenröhren Relikte aus der Vergangenheit sind, werden sie von manchen HiFi Herstellern noch immer gerne eingesetzt. Sie sind der Meinung, dass es klangliche Vorteile gibt, wenn die Verstärkung mit Röhren und nicht mit Transistoren erfolgt. Klassische Röhrengeräte beinhalten überhaupt keine Transistoren, im Extremfall erfolgt sogar die Gleichrichtung der Betriebsspannung mit Röhren. In modernen Geräten läuft aber meist nur das Audiosignal über Röhren, die peripheren Funktionen erledigen Halbleiter. So ist dann auch eine stabile Regelung der Röhren sowie eine Fernbedienung des Verstärkers möglich. In manchen Verstärkern wird auch das Audiosignal über ein Gemisch aus Transistoren (teilweise sogar integrierten Schaltungen) und Röhren geführt.
Es gibt Vollverstärker mit Halbleitern im Vorverstärkerteil und Röhren in der Endstufe, sowie auch umgekehrt. Sollte ein Röhrenverstärker noch einen Phono-Eingang besitzen, ist dieser fast immer mit Halbleitern bestückt, wegen der geringeren brummanfälligkeit.
Unumstritten ist, dass HiFi-Geräte mit Röhrenbestückung in gewisser Weise faszinieren. Der (werdende) Besitzer sollte sich aber dessen bewusst sein, dass ein Röhrengerät nicht ganz unproblematisch ist. Zu bedenken ist auch, dass Elektronenröhren Verschleißteile sind, die früher oder später ausgetauscht werden müssen. Es gibt also Folgekosten, aber im Normalfall ist damit frühestens nach ca. 10 Jahren zu rechnen. Nach dem Tausch von Endstufenröhren ist es notwendig, deren Arbeitspunkte neu einzustellen. Dieser Abgleich ist nicht schwierig durchzuführen. Mit einem einfachen Voltmeter und etwas Gefühl könnte man das selbst machen, aber wer sich dabei nicht wirklich auskennt, der sollte die Finger davon lassen wegen der hohen Spannungen rundum. Bei manchen Geräten sind für diesen Abgleich Leuchtdioden oder kleine Messwerke eingebaut und nur dann ist das eine ungefährliche Sache.
Röhrenbestückte Geräte sind im Allgemeinen störanfälliger als Transistorgeräte. Das liegt an der hohen Betriebsspannung und an der thermischen Belastung, denen die umliegenden Bauteile während des Betriebes ständig ausgesetzt sind. Röhren arbeiten mit Spannungen zwischen 200 und 1.000 Volt. Zur Funktion einer Elektronenröhre muss deren Kathodenblech mit einer Heizwendel zum Glühen gebracht werden. Erst nach Erreichen der Betriebstemperatur entsteht der nötige Stromfluss in Richtung Anodenblech. Zwischen diesen beiden Elementen befindet sich ein Steuergitter, an dem die Signalspannung anliegt und mit dem (ähnlich einem Ventil) der Durchlass des Stromflusses bestimmt wird.
Röhrengeräte, im Besonderen Endstufen, haben schlechten Wirkungsgrad, der größte Teil der zugeführten Energie wird in Wärme umgesetzt. Da Röhren recht hohen Innenwiderstand aufweisen, benötigen so bestückte Endstufen im Normalfall ausgangsseitig einen Transformator zur Impedanzanpassung an die niederohmigen Lautsprecher. Die Qualität des Ausgangstransformators hat großen Einfluss auf das klangliche Endergebnis. In jedem Fall sind die Voraussetzungen ungünstig für die Übertragung kurzer Bassimpulse, weil der relativ hohe Innenwiderstand des Transformators die Membranen der angeschlossenen Lautsprecher nur schlecht bedämpft.
Röhrenendstufen mit (trafoloser) OTL-Schaltung und Röhrenvorverstärker klingen kaum anders als Transistorgeräte.
Röhrenverstärkern wird ein angenehmer Klang nachgesagt. Dieser angenehme Klang kommt angeblich durch das für unser Ohr günstige Klirrspektrum (K2) zustande. Eindeutig beweisen konnte das bis heute allerdings Niemand. Aber eine positive Eigenschaft ist Fakt, nämlich dass Röhrenverstärker die über ihr Grenzbereich hinaus ausgesteuert werden, im Gegensatz zu Transistorverstärkern nicht in ein Hard-Clipping übergehen, sondern in ein sogenanntes Soft-Clipping. In der Praxis heißt das, dass bei Übersteuerung keine abrupte Leistungsbegrenzung einsetzt, die dazu führen kann, dass Hochtöner zerstört werden. Diese Eigenschaft machen sich seit Jahrzehnten E-Gitarristen zunutze, die ihre Röhrenverstärker bewusst übersteuern. Sie missbrauchen ihn dann quasi als weich einsetzenden Limiter, der in diesem Zustand lang gezogene, gleich laute und mehr oder weniger angenehm verzerrte Töne von sich gibt. Ein Transistorverstärker würde in dieser Situation Rechtecksignale erzeugen und entsetzlich klingen.
Die HiFi Szene unterscheidet zwischen sogenannten Trioden- und Pentodenverstärkern. Damit wird allerdings nur auf ein Konstruktionsdetail der Leistungsendröhren hingewiesen. Im Vorverstärkerteil eines Röhrenverstärkers werden immer Trioden (meist Doppeltrioden) verwendet. Eine Triode hat nur ein Steuergitter, eine Pentode dagegen drei. Röhrenverstärker, bei denen in der Endstufe nur eine Triode im so genannten Single-Betrieb eingesetzt werden, liefern im Normalfall sehr geringe Ausgangsleistung im einstelligen Wattbereich. Nur im Zusammenhang mit wirkungsgradstarken Lautsprechern (mindestens 95dB/1m) können damit auch höhere Pegel erzielt werden. Es gibt aber auch größere und leistungsfähigere Trioden. Inwieweit das alles Sinn macht, ist Ansichtssache.
Röhrenverstärker die in der Endstufe Pentoden in Gegentaktschaltung verwenden, können je nach Höhe der Betriebsspannung und Anzahl der Endröhren recht hohe Ausgangsleistungen erzielen.
Wieso klingen Röhrenverstärker „anders“?
Misst man gute Röhrenverstärker an einem Fixwiderstand, bewegen sich alle wichtigen Messdaten im Normalfall im „grünen“ Bereich. Das hört sich so weit gut an und gilt auch für Endstufen mit Ausgangstransformatoren, aber das ist ja nicht ihr Betriebszustand! Gemessen an schwankender Impedanz (also an Lautsprechern) verändert sich deren Frequenzgang zum Teil recht stark. Das heißt, die Impedanzkurve von Lautsprechern nimmt starken Einfluss auf den Klang von daran angeschlossenen Röhren(end)verstärkern. Dabei geht es nicht um Nuancen, sondern durchaus um einige Dezibel Abweichung von der Nulllinie, vor allem in Form einer Anhebung im Präsenzbereich und das dazu noch recht breitbandig. Keine Frage, dass das gefallen kann, aber von neutraler Verstärkung kann dann keine Rede mehr sein. Die wenigsten HiFi-Enthusiasten wissen das und die HiFi-Magazine schweigen sich darüber ganz bewusst aus.
Die Kehrseite: was ist schon neutral? Die Aufnahmen nicht, die Lautsprecher nicht und der Hörraum schon gar nicht. Deshalb ist es kein Fehler, wenn man sich einfach danach richtet, was gefällt. Erwähnenswert ist noch, dass Röhrenverstärker alles Andere als umweltfreundlich sind. Dazu kommt, dass im Besonderen Röhrenendstufen nicht so betriebssicher sind wie Transistorendstufen, ein jahrelanger problemloser Betrieb ist also nicht gewährleistet. Das liegt vor allem daran, dass viele der erhältlichen Produkte nur Bastlerqualität beinhalten. Viel besser abgesichert ist man mit hochwertigen Geräten von namhaften Herstellern. Diese sind zwar meist nicht mehr ganz billig, aber die tadellose Konstruktion und die sorgfältige Verarbeitung bewirken, dass sie bezüglich Betriebssicherheit und Langzeitstabilität guten Transistorgeräten kaum nachstehen.
Schaltverstärker mit oder ohne Schaltnetzteil
Gar nicht so neu sind die sogenannten Class-D oder Schaltverstärker (die Bezeichnung „Digitalverstärker“ ist falsch, denn nichts ist dabei „digital“!). In der Profiszene haben sie sich bereits fix etabliert, da gibt es kaum noch Anderes. In der sehr konservativen HiFi-Szene werden sie aber nur zögerlich angenommen. Technisch passiert dabei folgendes: das Audiosignal wird in aneinandergereihte gleich hohe Blöcke geteilt, allerdings nicht in zeitlich gleicher Abfolge wie beim Digitalisieren, sondern mit unterschiedlicher Breite, je nach notwendiger Impulshöhe. Man nennt das „Pulse Width Modulation“. Die Breite variiert somit im Verhältnis zur Signalstärke bzw. deren Amplitude und repräsentiert so das Musiksignal. Es sind also keine Bits und Bytes im Spiel. Ein solches Signal lässt sich sehr leicht verstärken, da die Transistoren nicht mehr mit einem Audiosignal moduliert werden, sondern nur noch als Ein- und Ausschalter dienen. Sogar ein mechanischer Schalter könnte diese Arbeit erledigen, aber Leistungstransistoren sind unvergleichlich schneller und vor allem unterliegen sie keinem Verschleiß. Diese Art der Verstärkung geschieht mit so hoher Effizienz, dass kaum Wärme entsteht. Class-D Verstärker erreichen Wirkungsgrade von bis zu 90%. Dazu kommt, dass diese Verstärker vergleichsweise sehr klein sind. Rüstet man sie zusätzlich noch mit Schaltnetzteilen aus (große und schwere Netztrafos gibt es dann nicht), kann man auf diese Art extrem leistungsfähige und hochqualitative Verstärker mit geringem Gewicht und wenig Volumen herstellen. Die technischen Daten solcher Geräte sind bei guter Konstruktion über jeden Zweifel erhaben. In aktiven Subwoofern sind derartige Verstärker längst Standard. Bei aktiven Vollbereichslautsprechern (auch Studiomonitoren) wird die Anzahl derer, in der sich diese Technik befindet, ebenfalls immer höher. Langsam steigen auch die Hersteller von HiFi-Verstärkern auf diese Technik um, denn die Vorteile überzeugen und es ergeben sich dadurch keine Nachteile.
Sind Class-A Endverstärker besser?
Fast alle analogen Endverstärker arbeiten im A/B-Betrieb. Das heißt, dass sie bis zu etwa 1 bis maximal 3 Watt Ausgangsleistung im besonders klirrarmen A-Betrieb arbeiten und darüber hinaus in den B-Betrieb übergehen. Der Punkt, an dem dieser Übergang stattfinden soll, kann mit einem kleinen Trimmer auf der Leiterplatte jedes Endverstärkers eingestellt werden. Als Class-A Endverstärker werden jene bezeichnet, bei denen dieser Punkt recht hoch gewählt wurde. Ihre Transistoren arbeiten dadurch weitgehend im idealen Arbeitsbereich. Erst ab einer vordefinierten Ausgangsleistung (20 bis 30 Watt) geht der Verstärker dann automatisch in den B-Betrieb über. Es gibt aber auch Pure Class-A Endverstärker, die bis zur vollen Ausgangsleistung im A-Betrieb bleiben und die nie in den B-Betrieb wechseln. In Class-A Endverstärkern fließt immer hoher Ruhestrom, dadurch werden die Ausgangstransistoren recht warm. Um deren drohenden Hitzetod zu vermeiden, muss für gute Wärmeabfuhr gesorgt werden. Größere Kühlbleche, oft in Kombination mit Ventilatoren werden dazu eingesetzt. Ein gutes Gegenmittel ist es, die Betriebsspannung zu verringern, deshalb haben Class-A Endverstärker meist relativ geringe Ausgangsleistungen. Schaltungstechnisch gibt es aber keinen Unterschied zu den üblichen A/B Verstärkern. Der Sinn von Class-A Endverstärkern ist fraglich, weil schon A/B Verstärker Klirrwerte liefern, die sich längst „in akademischen Bereichen“ abspielen. Jeder Lautsprecher erzeugt Klirr, der mindestens um den Faktor 100 bis 1000 höher ist!
Der relativ hohe Stromverbrauch, die geringere Ausgangsleistung, die Hitzeentwicklung, die stark belasteten Bauteile – alles das rechtfertigt den messtechnisch minimalen Vorteil in der Praxis nicht.
Wie funktioniert die sogenannte Brückenschaltung?
Manche Stereoendstufen haben an der Rückseite einen Schalter mit der Bezeichnung „bridged“ eingebaut. Diese Umschaltung macht aus einer Stereoendstufe eine wesentlich leistungsfähigere Monoendstufe (Monoblock). Für den Stereobetrieb sind dann selbstverständlich zwei davon notwendig. Wie das schaltungstechnisch funktioniert hört sich verwirrend an, ist aber in Wirklichkeit nicht kompliziert. Beim Brücken zweier Endstufen wird mittels einer Phasenumkehrstufe für eine der beiden Endstufen die Phase eingangsseitig um 180 Grad gedreht. Diese Endstufe arbeitet dann spiegelverkehrt zur anderen. Ihr ausgangsseitiger Pluspol wird dann zu einem um 180 Grad phasengedrehten Minuspol (nicht zu verwechseln mit dem Masseanschluss, der immer wieder falsch als Minuspol bezeichnet wird!). Somit stehen ausgangsseitig zwei potentialführende Klemmen (meist die beiden Roten) zur Verfügung, zwischen denen der Lautsprecher angeschlossen (gebrückt) wird. Die Masseanschlüsse werden nicht mehr verwendet! Diese Zusammenschaltung führt zu einer Spannungsverdopplung. Bei gleichem Stromfluss ergibt sich dann theoretisch eine Vervierfachung der Ausgangsleistung. Das Brücken von Endstufen macht aber nur Sinn, wenn die höhere Ausgangsleistung tatsächlich benötigt wird, denn sonst wird kein einziger Messwert besser. Im Gegenteil, der Innenwiderstand wird sogar verdoppelt, was theoretisch schlechtere Membrankontrolle im Tieftonbereich zur Folge hat. Die sich durch das Brücken zweier Endstufen ergebende Spannungserhöhung um 6dB muss beim Mehrkanalbetrieb (also beim Aktivbetrieb) aber auch bei passivem Bi-Amping Betrieb (wenn für die restlichen Bereiche übliche, nichtgebrückte Verstärker verwendet werden) ausgeglichen (reduziert) werden, weil es sonst zu einer völlig unausgewogenen Klangwiedergabe kommt.
Gerade im Hinblick auf Verstärker wird von vielen „Spezialisten“ viel Unsinn geredet und dementsprechend falsch beraten. Das führt leider oft zu Fehlkäufen und zu unnötig hohen Investitionen, die zumindest aus klanglicher Sicht nicht notwendig wären.