Bitte noch mehr, bzw. noch weniger!

Leistung, Belastbarkeit, Frequenzgang, Klirrfaktor, Rauschabstand, Kanaltrennung…..
…..bitte davon noch mehr…..oder noch weniger, je nachdem, worum es geht!

Leute die es nicht besser verstehen, können nur Daten vergleichen. Sie wissen nur, wo höhere und wo niedrigere Zahlen vorteilhaft sind. Dieser Zahlenvergleich führt aber zu nichts Sinnvollem, weil die meisten dieser Daten sich ohnehin schon längst im nicht mehr wahrnehmbaren Bereich befinden und somit in der Praxis keine Rolle mehr spielen. Dazu kommt, dass jeder Hersteller sie auf seine Art misst. Wenn notwendig, werden sie einfach so dargestellt, dass sie gut aussehen. Ganz schlimm macht sich das in Großmärkten bemerkbar, wo beispielsweise bei Verstärkern und Lautsprechern gleich neben dem Preis eine Wattzahl angeführt ist. Als ginge es um den Kauf eines Haushaltsgerätes, eines Elektrowerkzeuges oder einer Glühbirne, wird die Anzahl von „Watt“ in ein direktes Verhältnis zum Preis und zur Qualität des jeweiligen Gerätes gebracht. Man tauscht sozusagen Geld gegen Watt! So sehen das leider auch viele (selbsternannte) HiFi-Spezialisten und Berater (Verkäufer). Oft sind sie nur in der Lage, mit diesen Ziffern zu argumentieren. Da sie sonst kaum mehr über die Geräte wissen, legen sie zur Untermauerung gerne noch passende Testbericht(e) vor, in dem das empfohlene Gerät beste Bewertungen bekam oder gar Testsieger wurde. Solche Tests gibt es heute zu jedem Gerät vom jeweiligen Importeur oder Hersteller. Sie werden gesammelt und als Verkaufshilfe gerne zur Verfügung gestellt.

Dazu einige Tatsachen aus allen einschlägigen Bereichen:

→ Die Fähigkeit hohe Töne zu hören, wird mit zunehmendem Alter immer schlechter. Ein sehr junger Mensch kann noch etwa 18kHz wahrnehmen, einer im mittleren Alter ca. 13kHz und ein alter nicht einmal mehr 8kHz. Das ist aber nicht so schlimm wie oft angenommen, denn zwischen 8kHz und 16kHz liegt musikalisch betrachtet nur eine Oktave! Und diese Oktave liegt bereits außerhalb des musikalischen Grimdtonbereichs, sie hat nur noch geringen Einfluss auf die Klangfarben. Hört man diese nicht mehr, ist das wirklich kein Drama.
Hier die Erklärung: das Hörspektrum eines jungen Menschen umfasst etwa 9 Oktaven (gerundet: 30Hz, 60Hz, 120Hz, 240Hz, 480Hz, 1kHz, 2kHz, 4kHz, 8kHz, 16kHz und vielleicht noch minimal darüber hinaus). Die mittlere Tonhöhe, bezogen auf das Hörspektrum, liegt somit nicht bei etwa (linear betrachtet) 8kHz, sondern bei  ca. 640Hz (zwischen 480Hz und 1kHz)! Das erklärt auch, warum der Verlust der Hörfähigkeit über 10.000Hz nicht wirklich schlimm ist.

→ Auch die Fähigkeit sehr leise Töne zu hören wird im Laufe des Lebens immer schlechter. Auf nichtlineare Verzerrungen und Gleichlaufschwankungen im wichtigsten musikalischen Grundtonbereich (ca. 200Hz bis 2kHz) reagiert das Gehör aber unabhängig vom Alter recht empfindlich.

→ Die Raumakustik beeinflusst die Wiedergabequalität von darin betriebenen Lautsprechern extrem! Im normalen Hörraum werden die Messdaten, die im Labor ermittelt wurden (und die gerne in Prospekten aufgezeigt werden) nicht einmal annähernd erreicht.

→ Sehr gute Lautsprecher (teuere Studiomonitore) erreichen unter idealen Messbedingungen einen Schalldruckverlauf, der im Bereich von ca. 40Hz bis 20kHz maximal 2dB von der Nulllinie (plus und minus, also in Summe 4dB maximale Pegeldifferenz) abweicht. In der Praxis sieht die Sache dann ganz anders aus, da werden aus den ursprünglichen 4dB gut und gerne 15-25dB und teils sogar darüber hinaus. Wobei (wichtig!) schmalbandige Ausreißer klanglich nicht auffallen. Mit entscheidend ist immer, über welche Bandbreite sich Fehler erstrecken.

→ Der Klirrfaktor guter Lautsprecher beträgt je nach Frequenz und Pegel 0,5-25%. Die hohen Klirrwerte spielen sich aber fast immer nur bei sehr tiefen Frequenzen ab, also dort, wo das menschliche Gehör hohen Klirr kaum noch  erkennen kann. Ähnlich ist es im Hochtonbereich, auch da (etwa ab 5kHz aufwärts) sind hohe Klirrwerte schon weitgehend egal, allerdings sind da fast alle Lautsprecher ohnehin besser.
Wirklich entscheidend ist der Klirr etwa im Bereich zwischen ca. 300Hz bis 2kHz, steigt er da über ein gewisses Maß an, „plärrt“ es unerträglich.

→ Schuld am besagten „Plärren“ hat nicht selten der Raum wegen schlechter Akustik. Bei höheren Lautstärken nehmen die aus allen Richtungen kommenden Reflexionen so stark zu, dass sie dominant werden und alles „zumüllen“.

→ Wichtig für die korrekte Wiedergabe von Lautsprechern sind auch möglichst konstantes Phasenverhalten, sowie zügiges Ein- bzw. Ausschwingen ohne Nachschwinger. Diese Messdaten weichen im Vergleich zum elektrischen Eingangssignal immer recht stark ab.

→ Im Wohnraum werden durch den Schalldruck der Lautsprecher diverse Einrichtungsgegenstände zum Mitvibrieren angeregt. Es ist fast unglaublich, was dabei alles mitscheppert! Eingangstüren, Türen von Möbeln, Fenster, Heizkörper, Beleuchtungskörper etc., alles das kann je nach Frequenz angeregt werden, denn jeder physikalische Körper hat zumindest eine bestimmte Eigenresonanz. Die Geräusche die dabei entstehen, können praktisch direkt als extrem hoher Klirr zum Klang einer HiFi-Anlage hinzuaddiert werden. Wie gering sind dagegen die Verzerrungen eines Verstärkers oder Digitalplayers!

→ Mehr oder weniger ideale Hörbedingungen im Hörraum gibt es je nach Lautsprecheraufstellung nur an einem sehr kleinen Punkt. Man bezeichnet diesen als Hörfenster, ideale Hörzone oder „Sweetspot“. Wenn man sich von diesem Punkt seitlich um nur 1-2 Dezimeter entfernt, beginnt die Stereowiedergabe zu zerfallen, weil die Lautstärkebalance und die Schalllaufzeiten zum Hörer hin zu sehr unterschiedlich werden. Die Korrektur mit einem Balance-Steller hilft dabei fast nichts, weil das Problem der unterschiedlichen Laufzeiten trotzdem bestehen bleibt. Nicht ohne Grund gibt es diese Einstellmöglichkeit kaum noch.
Maßgeblich entscheidend für die Stereoortung und plastische Wiedergabe sind vor allem die Frequenzen zwischen ca. 150 und 3000Hz. Die Wellenlänge des Schalls beträgt bei 3000Hz nur noch 11,5cm. So betrachtet, genügt bereits eine Kopfdrehung zur Entstehung von Frequenzauslöschungen und Phasenfehlern. Aber zum Glück wird dieser Effekt in der Praxis nicht ganz so deutlich wahrgenommen.

→ Der tiefste Ton den ein Akustik- oder ein 4-saitiger Elektrobass erzeugen kann (E-Saite), beträgt 41,2Hz. Ein 5-Saiter (mit zusätzlicher H-Saite) reicht bis 30,8Hz. Diese Saiten werden aber fast nie „leer“ gezupft, praktisch immer wird auf Bünde gegriffen, also höhere Töne gespielt. Die Basstrommel eines Schlagzeuges (Kickbass) wird auf etwa 50- 55Hz gestimmt. Konzertflügel, Orgeln und Synthesizer reichen zwar noch etwa eine Oktave tiefer, werden aber praktisch nie in diesen Bereichen gespielt, weil auch Bühnenlautsprecher nicht in der Lage sind, derartig tiefe Frequenzen mit hohem Schalldruck abzugeben. Auch können Frequenzen unter ca. 35Hz aus musikalischer Sicht kaum mehr als „Ton“ erkannt werden.

→ Bei Filmeffekten (Erdbeben, Detonation, Hubschrauberlandung und ähnliches) wurde mittels Frequenzanalyse festgestellt, dass Frequenzen unter 40Hz ebenfalls nur selten vorkommen. Aber selbst wenn das ab und zu einmal der Fall sein sollte, ist es immer noch fraglich, ob diese auch hörbar wiedergegeben werden (Details unter „Wissenswertes zur Raumakustik“ in dieser HP).

→ Der höchste Grundton, der von gängigen Musikinstrumenten erzeugt wird, liegt bei etwa 3,5kHz. Das ist bereits ein recht hohes Pfeifen, das die Wenigsten noch als Ton im Zusammenhang mit Musik bezeichnen würden. Eine wichtige Tatsache ist aber, dass jedes Musikinstrument zum Grundton zusätzliche Oberwellen erzeugt, die den Charakter des jeweiligen Instrumentes prägen. Diese Oberwellen können Frequenzen beinhalten, die bis zu vier Mal so hoch sind als die Grundwelle selbst.

Fazit aus den oben angeführten Punkten:

Wenn eine HiFi Anlage Frequenzen von 40 bis 15.000Hz gut wiedergeben kann, so ist das absolut ausreichend. Durch das ewige Streben nach mehr (und noch mehr) wurden diese Grenzen schon längst deutlich überschritten. Selbstverständlich wissen aber auch die Gerätehersteller, dass das nicht notwendig wäre. Sie wissen aber auch, dass sie mit extremen Ziffern und Zahlen uninformierte Endverbraucher beeindrucken können.

Alle diese Tatsachen lassen deutlich erkennen, dass das „Studieren“ von technischen Daten zwar interessant sein mag, aber zu nichts Nützlichem führt. Denn die an die Spitze getriebenen Werte kommen in der Praxis nicht einmal annähernd zum Tragen. Es ist also lächerlich, wenn in Zeitschriften bei Tests der Höhenabfall einer Elektronikkomponente von 1dB bei 20kHz, oder der „zu hohe Klirr von 0,1% kritisiert wird. Kein Mensch kann das erkennen, kein Lautsprecher kann da mithalten und jeder Hörraum bewirkt viel Schlimmeres. Gleiches gilt für „mittelmäßiger Geräuschspannungsabstand“ oder „unzureichende Dynamik“ von nur 80dB! In jedem Hörraum ist das Umgebungsgeräusch so laut, dass so eine Dynamik nie erreicht werden kann. Auch gibt es praktisch keine Aufnahme, die so einen Dynamikumfang beinhaltet. In diesem Zusammenhang sollten sich die Tester wieder einmal die Messdaten vor Augen führen, die bei der analogen Schallplattenwiedergabe zustande kommen.

An dieser Stelle noch eine sehr interessante Feststellung: als hätten sich alle HiFi-Lautsprecherhersteller untereinander abgesprochen, wird höchst selten aufgelistet, welchen Klirr ihre Lautsprecher produzieren. Weder in Prospekten noch in Datenblättern wird darauf eingegangen (rühmliche Ausnahme nur B&W, wenn auch recht spärlich und nur bei geringem Schalldruck). Es wird also so getan, als wäre Klirr gar nicht vorhanden. Tatsächlich sind die Klirrwerte von Lautsprechern im Vergleich zu denen von Elektronikkomponenten gewaltig (siehe oben). Dazu gibt es nur eine logische Erklärung: kein Lautsprecherhersteller will Interessenten derartig „grausame“ Daten aufzeigen.
Trotz allem, am Hörplatz wird im Normalfall Musik gehört und nicht gemessen. Das einzige was hier zählt, ist der selbst empfundene Klangeindruck auf emotioneller Basis. Wie dieser zustande kommt, ist eigentlich nicht wichtig.

Auch nicht wichtig, aber recht interessant sind folgende Leistungen, die in mehreren Versuchen ermittelt und gemessen wurden (selbstverständlich ohne elektronische Verstärkung): ein großes Orchester leistet in Summe 70 Watt, eine große Schlagzeugtrommel oder Pauke leistet 12 Watt, eine Trompete oder Posaune leistet 2 Watt, eine Bassgeige leistet 1 Watt, ein Konzertflügel leistet 1 Watt, die menschliche Gesangstimme leistet 1 Watt, eine Violine oder Konzertgitarre leistet 0,5 Watt…..
Diese Leistungen sind aber nicht direkt mit denen von HiFi-Anlagen vergleichbar. Die meisten Lautsprecher haben einen tatsächlichen Wirkungsgrad von ca.1 (Konuslautsprecher) bis zu 5 Prozent (Hornsysteme), der Rest der zugeführten Energie geht ohne Schallwandlung verloren.

Zum Abschluss noch ein böser Gedanke:

Es wäre hoch interessant, die klangliche Reihenfolge von Audiokomponenten, die man in den Bestenlisten von HiFi Magazinen vorfindet, noch einmal von den gleichen Testern erstellen zu lassen, diesmal aber über verblindete Vergleiche! Das gleiche gilt für die Bewertungen von NF- LS- Digital- und Stromkabeln, sowie Racks und all‘ dem Voodoo-Zeugs, mit dem unentwegt das große Geschäft gemacht wird. Durch die Verblindung gäbe es keinen Bezug mehr zu den Preisen und Marken, dadurch würden auch sämtliche „Vorschusslorbeeren“ entfallen und Vorurteile ebenso. Auch alle weiteren Gründe (und davon gibt es viele), warum ein bestimmtes Produkt an einem bestimmten Platz in der jeweiligen Liste gelandet ist, gäbe es dann nicht mehr. Diese verblindeten Vergleiche hätten mit absoluter Sicherheit zur Folge, dass die aktuellen Auflistungen völlig durcheinander gewirbelt werden würden und dass es am Ende ein entsetzliches Chaos, sowie viele peinlich berührte Menschen gäbe. Die Zeitschriften und deren Tester hätten schlimmsten Erklärungsnotstand und den „Deal“ Werbeeinschaltung gegen (natürlich positiven) Test gäbe es dann auch nicht mehr. Dieses „HiFi-Horrorszenario“ wird hoffentlich nie Wirklichkeit!